Reisebericht

Schüleraustausch mit Russland 2006

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Bildergalerien:
- Exkursion zur Zarensommerresidenz "Zarskoje Selo" mit dem Bernsteinzimmer

                 

 

9. Tag, Samstag den , 17. 06. 2006

Heute steht noch ein Höhepunkt unseres Besuches in St. Petersburg an. Wir werden Zarskoje Selo, den weltbekannten Katharinen - Palast mit dem Bernsteinzimmer, besuchen, der von der in Deutschland geborenen Katharina der Großen erbaut wurde.

Man mag es kaum für möglich halten, aber Tatjana hat es wirklich geschafft, einen kleinen (zu kleinen, um genau zu sein), klapprigen Bus aufzutreiben. Sie scheint zu dem Schluss gekommen zu sein, dass der Katharinen - Palast wohl doch zu weit entfernt ist, um ihn zu Fuß erreichen zu können. Tatsächlich fahren wir über eine Stunde, bevor wir den Palast erreichen. Es ist kaum erwähnenswert, dass es sehr warm ist (um nicht zu sagen heiß). Vor dem Palast in Zarskoje Selo haben wieder einmal zahlreiche Händler ihre Stände, hinter denen sie so ziemlich alles verkaufen, was man aus Bernstein anfertigen kann, aufgebaut. Zwischen dem uralten Baumharz ragen selbstverständlich die guten, alten und inzwischen vertrauten Matrioschkas auf - aus Holz, versteht sich.

Wir halten uns nicht lange auf und betreten die Anlage des Palastes. Obwohl man nur eine der scheinbar endlos langen Seiten sieht, kommt man sich vor wie eine Ameise, wenn ich es einmal einfach ausdrücken darf. An vergoldeten Ornamenten und Verzierungen haben die Zaren auch hier nicht gespart.

Doch wenn wir wirklich dem Irrglauben verfallen waren, den Palast ohne weiteres betreten zu können (Bezahlen und Sicherheitskontrollen jetzt einmal ausgenommen), dann wird uns jetzt klar, dass es so einfach nicht werden wird. Vor dem Eingang wuselt eine riesige Menschentraube herum, Leute unterschiedlichster Nationen, meistens in Gruppen mit dazugehörigen, schildhochhaltenden Gruppenführern, damit keiner von ihnen verloren geht. Anscheinend dürfen sich nie mehr als eine bestimmte Anzahl von Leuten im Inneren des Palastes aufhalten. Dafür sorgt die Sicherheitskraft, die die kleine Tür bewacht und alle bisherigen, finster dreinblickenden Sicherheitskräfte, die uns zuvor begegnet sind, in den Schatten stellt. Man kann es dem Mann auch nicht verübeln. Die Sonne knallt, die Leute drängeln wie Hotelbesucher, die darauf warten, dass das Buffet eröffnet wird, und um alles vollkommen zu machen, wird er andauernd von den russischen Reiseleiterinnen (bisher habe ich nur weibliche gesehen) angeschrieen und bedrängt, er solle sie hinein lassen (Ich vermute, dass sie das gerufen haben, ich habe leider nur sechs russische Wörter gelernt). Ehe wir uns versehen, haben wir uns schon ins Getümmel gestürzt und testen unfreiwillig aus, mit wie wenig Platz ein Mensch auskommen kann.

Unglücklicherweise gibt es ein für uns sehr ungünstiges Auswahlverfahren, was den Einlass der Gruppen betrifft. Erst werden angemeldete, dann unangemeldete Gruppen und zum Schluss Einzelreisende hereingelassen. Immer mehr Gruppen stoßen hinzu und alle scheinen angemeldet zu sein. Wir stehen also dort, und haben scheinbar keine Chance hineinzukommen. Bis wir eine russische Gruppenführerin gefunden und uns angemeldet haben, vergeht über eine Stunde. Vollkommen geschafft dürfen wir eintreten, das heißt, wir versuchen uns an dem gestressten Mann vorbeizudrängen. Unsere Lehrer müssen höllisch aufpassen, dass wir alle durch die Tür kommen, denn hier ist es noch schärfer geregelt als mit der Metro: Ob man noch halb in der Tür hängt oder nicht, spielt keine Rolle. Während wir hineinstolpern, versuchen sich alle anderen Gruppen durch die halb offene Tür zu quetschen. Da endlich geht die Tür zu (gewaltsam und mit viel Anstrengung) und der Lärm von draußen verstummt. Angenehme Ruhe folgt. Wir ziehen die grell-violetten Schuhüberzieher, die wir bekommen, an und folgen unserer russischen Reiseleiterin, die nicht annähernd so gut Deutsch spricht wie Julia in Moskau und die es einem schwer macht, etwas zu verstehen. Das nötigste bekommen wir jedoch mit und mehr ist momentan auch nicht erforderlich. Die prunkvollen Räume sprechen für sich. Jeder einzelne ist das Spiegelbild des immensen Reichtums der Zaren und auch des Versuches, anderen Herrschern ihre Macht zu demonstrieren.

Beim Eintreten denkt man, die Räume bestünden nur aus Gold. Überall hängen vergoldete Spiegel und alte kostbare Gemälde. Auch die Möbelstücke, wenn noch vorhanden, sind aufwendig gearbeitet. Von jedem Mitglied der Zarenfamilie hängt ein Portrait an einer der Wände in den zahlreichen Räumen. In einigen der Räume wird noch aufwändig restauriert, da nach der Zerstörung durch die SS im zweiten Weltkrieg noch nicht alles wieder hergerichtet ist. Wir sehen nur einen Bruchteil des Katharinen- Palastes, doch der Prunk, der einem entgegenschlägt, lässt den Prunk im nächsten Raum schon selbstverständlich werden. Man kann einfach nicht mehr die Bewunderung und das Staunen aufbringen, dass diesen Kunstwerken, und damit meine ich nicht nur die Bilder, die an den Wänden hängen, sondern die Räume an sich, eigentlich Zuteilwerden müsste. Selbst der Boden ist so einzigartig und schön, dass man die Überzieher mit vollem Verständnis trägt.Spiegelsaal

 
Das Bernsteinzimmer setzt alldem die Krone auf. Da stehen wir nun in dem Raum, den Friedrich der Große einst Katharina der Großen schenkte. Helle, dunkle, kleine und große Bernsteine sind zu einem atemberaubenden Kunstwerk zusammengefügt. Wie im Rausch verlassen wir den Palast und sehen uns im Souvenirshop um. Draußen sammeln wir uns und erhalten „Freigang“. Wir dürfen uns in dem riesigen, angrenzenden Park umsehen. Der Park ist im englischen Stil angelegt worden. Direkt vor dem Schloss liegt ein Barockgarten im italienischen Stil, indem alles streng symmetrisch angeordnet und perfekt gepflegt ist.

 
Der Park im englischen Stil hingegen, ist eine künstlich erstellte und geplante „zufällige Wildnis“. GartengebäudeWir gehen ein wenig spazieren oder setzen uns einfach nur auf eine der Bänke um die Sonne zu genießen. Auch hier begegnen uns wieder einige Brautpaare, ein Anblick, den wir inzwischen so gewöhnt sind wie den der Matrioschkas.

Als wir wieder im Bus sitzen, sind wir zugegebenermaßen am Ende. Langsam wird die Freude auf zu Hause immer größer. Keiner von uns hätte gedacht, dass wir gerade einmal zehn Tage in Russland sind. Allein der Aufenthalt in Moskau scheint mehrere Wochen zurückzuliegen. Wir mutmaßen, dass einerseits die großen räumlichen Entfernungen, andererseits die ganzen Eindrücke, die auf uns einprasseln für unser unintaktes Zeitgefühl verantwortlich sind.

Morgen ist unser letzter Tag in Russland. Wieder ist es kaum vorstellbar, dass wir in zwei Tagen zurück in Schwerte sein würden. Jetzt jedenfalls sitzen wir alle im Bus, der die Schule anfährt, an der wir uns wie immer trennen und uns morgen ein letztes Mal treffen würden.
  

weiter zum 10. Tag, Sonntag, den 18. 6. 06 

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