Reisebericht |
Schüleraustausch mit Russland 2006 |
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8. Tag, Freitag, den 16. 06. 2006 Nach dem recht erholsamen Tag gestern, haben wir uns für heute bei strahlendem Sonnenschein wieder viel vorgenommen. Wir wollen Peterhof, einen der vielen Sommerpaläste der Zaren rund um St. Petersburg, besuchen. Nach
ungefähr
einer Stunde Fahrt mit einem Linienbus kommen wir an. Überall
stehen kunstvoll verzierte Brunnen, Wasser speiende Skulpturen und
kleine Spaßbrunnen, die dann ihr Wasser verspritzen, wenn man
gerade nicht damit rechnet (Resultat: Nass!!!). Das Zentrum Peterhofs
besteht aus künstlich angelegten Stufen, aus denen
Wasserfontänen schießen. Das Wasser fließt
über
die Stufen, mündet in ein großes Becken, und von da
aus in
einen langen, offenen Kanal. Auf den Stufen und in dem Becken stehen
symmetrisch angeordnete, vergoldete Figuren, die ebenfalls
Wasserfontänen verspritzen. Der Wind trägt uns feine
Wassertropfen entgegen, etwas, das sich bei dem warmen Wetter als sehr
angenehm erweist. Die wunderbare barocke Anlage liegt direkt am Finnischen Meerbusen, der Kanal, der vom Schloss aus ins Meer führt, mündet also direkt in die Ostsee. Bei dem Wetter ist es wunderbar durch den weitläufigen Park zu spazieren, Fotos zu machen und sich die „Wasserkunst“ anzusehen. An einigen Stellen wird mit Baggern gearbeitet. Lange Zeit waren die Parkanlagen verwildert und die Gebäude, nicht nur Peterhof, heruntergekommen. Seit einigen Jahren kümmert man sich wieder verstärkter um die alten Sitze der Zaren und steuert ihrem Verfall entgegen. Nach einigen
Stunden
treffen wir uns wieder draußen. Vor dem Schloss ist gerade
ein
kleiner Markt, und wer Lust dazu hat, geht noch einmal an den
Ständen vorbei oder kauft sich ein kleines Andenken an
Russland
und speziell Peterhof. Mittag ist schon vorbei, wir machen uns also auf den Weg zurück und warten auf den nächsten Bus. Auch hier gilt, wie bei der Metro: Wer nicht im Bus ist, hat Pech und muss auf den nächsten warten. Die Busfahrer nehmen keine Rücksicht, ob man erst halb eingestiegen ist oder ob der Rest der Gruppe noch fehlt. Doch bisher hat es immer unsere ganze Gruppe geschafft; sich zu trennen, käme natürlich auch nicht in Frage. Sobald man eine Russin oder einen Russen ansieht oder anlächelt, schauen sie weg. Sie scheinen im Allgemeinen sehr unfreundlich zu sein und oft hat man den Eindruck, sie könnten einen auf den ersten Blick nicht leiden. Doch wozu gibt es Reiseführer? Einmal aufschlagen und nachlesen, schon wird man fündig. In einem dieser Reiseführer steht nämlich, dass sich die Russen Augenkontakt oder ein unverfängliches Lächeln für den privaten Bereich aufsparen und eben nicht gerne mit Fremden im Bus oder der Metro in Kontakt treten. Privat sind sie sehr freundlich und lachen viel, und wie jeder weiß, sind die Russen für ihre Gastfreundschaft bekannt. Wir machen uns auf den Weg zurück zu Schule. Diejenigen, die heute Abend den Theaterbesuch machen werden, steigen mitsamt unserem Lehrer früher aus. Der Rest fährt mit unserem anderen Lehrer zur Schule und lässt sich dort von den Gastfamilien (falls vorhanden) abholen. Wieder kann ich nur von der „Theatergruppe“ berichten, aber für die anderen war das Programm mit Peterhof so oder so beendet. Wir machen
uns also
auf den Weg zur nächsten Metrostation. Von dort aus
fahren
wir in die Nähe des Marinski Theaters, Wir haben einen guten Blick auf die Bühne. Endlich wird es dunkel und das Stück beginnt. Nach kurzer Zeit steht fest: Trotz der Tatsache, dass das Stück auf Deutsch aufgeführt wird und wir uns anstrengen ein paar Wortfetzen zu identifizieren, verstehen wir nichts. Wie mochte es da wohl den Japanern gehen? Nach dreißig Minuten Langeweile, wie wir zu unserer Schande eingestehen müssen (Nein, wir sind nicht immer solche Kulturbanausen!) wagen wir einen Blick nach rechts. Die Japaner schlafen mit einer Ausnahme. Die Ausnahme, in Form eines Mannes mittleren Alters, sieht seine Frau bei jedem abgehackten Schnarcher vorwurfsvoll an, was die gute Frau jedoch nicht in ihren Träumen zu stören scheint. Bevor wir völlig vom Glauben abfallen, drehen wir uns wieder um, nur um zu sehen, dass die Frau vor uns immer wieder mit dem Kopf nach vorne sackt, dann wieder gewaltsam die Augen aufreißt, eine halbe Minute auf die Bühne stiert und dann erneut einschlummert. Nun ist auch der letzte Rest unserer Selbstdisziplin hinfort. Bevor unser Gähnen aber verebbt und leisem Schnarchen Platz macht, ist der erste Akt (in der Tat überraschend) zu Ende. Neben uns räkeln sich die Japaner und gehen nach draußen um sich die Beine zu vertreten. Der Fairness halber muss ich erwähnen, dass weder unser Lehrer, noch unser einziger Junge, der auch zugegen war, eine Spur von Müdigkeit zeigten und das Stück als „sehr interessant und lohnenswert“ bezeichneten. Langsam beginne ich mich zu fragen, ob diese Oper vielleicht nur auf Frauen und uns Mädchen eine solch ermüdende Wirkung hat. Jetzt, da das Licht wieder an ist, verfliegt die Müdigkeit jedoch ein wenig, und wir versuchen uns den genauen Inhalt von unserem Jungen erklären zu lassen, bevor der zweite Akt beginnt. Mitten im Satz geht das Licht jedoch schon wieder aus und weiter geht es mit „Siegfried dem Drachentöter“. Nach zehn Minuten breitet sich erneut eine schläfrige Stille aus. Der Blick auf die rechte Nachbar - Loge führt ins Leere. Die Japaner haben die Flucht ergriffen und sollten auch im weiteren Laufe des Stückes nicht mehr vom „Beine – Vertreten“ zurückkommen. Irgendwie gelingt es uns, die Pause bis zum dritten Akt zu überstehen, dann bitten wir darum, es den Japanern gleichzutun und uns in der Pause davonzuschleichen. Mit schlechten Gewissen, da wir ja anscheinend keinen Sinn für Kultur haben, drängen wir uns nach draußen. Bei einem kurzen Rundumblick stellen wir fest, dass hier viele Leute keinen Sinn für Kultur haben, denn wir sind nicht die einzigen, die die Pause nutzen, um das Theater zu verlassen. Wir befinden uns nun in einem ganz anderen Stadtteil St. Petersburgs und nutzen die Gelegenheit, um uns unter der Führung unseres Lehrers noch ein wenig umzusehen. Nach knapp einer Stunde suchen wir die nächste Metrostation und fahren zurück. Trotz dieser Schilderung unseres Theaterbesuches kann ich nur empfehlen, das Marinski Theater auch einmal zu besuchen. Das Orchester und der Dirigent (siehe oben) stehen in der Weltklasse weit vorne und auch wenn das Stück für Leute in unserem Alter alles andere als interessant sein könnte, lohnt es allein schon, sich das Theater einmal anzusehen. Lassen Sie sich nur nicht abschrecken!!! weiter zum 9. Tag, Samstag, den 17. 6. 06 |